Hören wir auf, die großartige Europäische Idee den Rechten zu überlassen!

Ein schwarzer Tag für Europa, aber auch nicht das Ende von Europa.
Die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens haben sich mit knapper Mehrheit für einen Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union entschieden. Das macht mich sehr traurig. Gleichzeitig akzeptiere ich als Demokrat dieses Referendum als souveräne demokratische Entscheidung des britischen Volkes.
 
Die Brexit-Gegner haben Großbritannien gespalten – nicht die EU!
Ich danke den 48% der Briten, die gegen den Brexit gestimmt haben. Angesichts der Hasskampagne, der Falschinformationen und der populistischen Propaganda der Austrittsbefürworter ist das ein gutes Ergebnis. Eine große Mehrheit der Menschen in London, in Schottland und in Nordirland hat für den Verbleib gestimmt. Die große Mehrheit der unter 30-jährigen in Großbritannien hat ebenfalls für den Verbleib in der EU bestimmt.

Fazit: Ein gemeinsames Europa hat durchaus eine gute Zukunft, wenn es nach dem Willen der meisten jungen Menschen – nicht nur in Großbritannien! – gehen würde!
 
Wer A sagt, muss auch B sagen: Jetzt muss der Austritt zügig vollzogen werden!
Damit nicht noch mehr Frustration, Aggression und Konfusion entstehen, muss die Brexit-Entscheidung nun auch zügig umgesetzt werden. Es führt zu nichts, wenn wir nun die Mehrheitsentscheidung kleinreden oder Großbritannien beschimpfen. Großbritannien bleibt Freund und Partner, aber leider nicht mehr in der EU.
 
Jetzt erst recht: Mutige sozialdemokratische Politik für eine sozialere und demokratischere EU!
Die EU wird an dem britischen Referendum nicht zerbrechen. Aber wir können jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Jetzt muss die Debatte darüber geführt werden, wie die EU die europäischen Werte und die Verbesserung des Lebens jedes einzelnen Menschen wieder in den Mittelpunkt stellen kann. Es sind Prioritäten zu setzen. Es gilt, mutige Entscheidungen zu treffen und eine klare Alternative zum Nationalismus zu entwickeln. Niemand ist jetzt mehr gefordert für ein solches „gutes“ Europa einzutreten, als die europäische Sozialdemokratie!
 
Die SPD darf die großartige europäische Idee nicht länger den Bürokraten und Konzernen überlassen!
Die Enttäuschung und Abwendung vieler Menschen von der EU bedeutet nicht, dass diese sich nicht mehr Zusammenarbeit in Europa wünschen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dürfen diese Abwendung nicht hinnehmen, sondern müssen dafür kämpfen, die Menschen zu erreichen und zu überzeugen. Dabei ist klar, dass wir kein  neoliberales, sondern ein sozialdemokratisches und solidarisches Europa brauchen. Wie dieses Europa der Menschen aussehen soll, muss die SPD jetzt sehr klar und deutlich formulieren. Und dann heißt es Rücken durchdrücken! Kämpfen! Überzeugen! Linie halten!
 
„Die Menschen verlieben sich nicht in einen Binnenmarkt…“
Dieses Zitat von Jaques Delors macht etwas sehr deutlich: Mit einem taktischen Zickzackkurs oder abstraktem „Politikersprech“ werden wir wohl niemanden hinter dem Ofen hervorlocken.

Wir brauchen endlich wieder Leidenschaft!
Die Gegner der freien und offenen Gesellschaft und des vereinten Europa können unheimlich gut Emotionen mobilisieren. Dazu bedienen sie meist negative Emotionen: Vorurteile, Ängste, diffuse Verschwörungstheorien. Dem haben wir doch etwas entgegenzusetzen! Wo sind die progressiven Kräfte, die mit einer positiven Botschaft endlich die positiven Emotionen in der Gesellschaft mobilisieren können? Trotz aller Fehler und manchem Frust über „die da in Brüssel“.
 
Ein besseres Europa kommt nicht von alleine – dafür müssen wir schon kämpfen!
Wir haben schon so viel geschafft! In Asien und Afrika sagen so viele Menschen: „Ach, hätten wir doch hier auch so etwas, wie die EU…“ Wir müssen endlich für unser soziales und demokratisches Europa der Menschen kämpfen! Vielfalt, Unterschiede und trotzdem so viel Zusammenarbeit, freies Reisen, eine Währung und so viele junge Menschen, die ganz selbstverständlich in einem anderen EU-Land studieren… Das ist großartig! Das lassen wir uns von AfD und Co nicht kaputt machen!

Lasst uns wieder Hand in Hand mit allen progressiven Kräften für das Europa kämpfen, von dem WIR begeistert sind!

Ich werde jedenfalls als Bundestagsabgeordneter meine nächste Bürgerversammlung direkt nach den Sommerferien zum Thema „Wie weiter in Europa?“ machen!