Dieses Jahr, in dem Deutschland den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat, jährt sich zum 25. Mal die Gründung der parlamentarischen Versammlung (PV) der OSZE. In einer Zeit, in der die Wahrnehmung Europas stark von Krisen und Unsicherheit geprägt ist, lohnt es sich, sich den Charakter Europas als erfolgreiches Projekt von Frieden und Sicherheit in Erinnerung zu rufen. Dazu hat in den Jahrzehnten ihres Bestehens die OSZE und auch ihre parlamentarische Versammlung ganz wesentlich beigetragen.
Die OSZE ging 1995 aus der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor, die 1975 mit der Schlussakte von Helsinki einen historischen Durchbruch im Ost-West-Verhältnis erreichte. Die Gründung der KSZE war eingebettet in die von Willy Brandt geprägte Entspannungspolitik, die Schlussakte von Helsinki war auch Verdienst der hartnäckigen Arbeit Helmut Schmidts. Die Unterzeichnerstaaten unterstrichen ihren Willen zur Zusammenarbeit in Fragen von Sicherheit und Abrüstung, Wirtschaft und Umwelt sowie Demokratie und Menschenrechten. Außerdem wurden Prinzipien vereinbart, die grundlegende Regeln für den Umgang der Staaten miteinander und im Verhältnis zu ihren Bürgern festlegten: u.a. Gewaltverzicht, die Unverletzlichkeit der Grenzen, die friedliche Regelung von Streitfällen und die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Man sieht: die Notwendigkeit, diese Werte und Prinzipien zu schützen, hat nichts an ihrer Aktualität eingebüßt.
Die wichtigsten und sichtbarsten Aktivitäten der OSZE sind heute internationale Wahlbeobachtung und die konventionelle Rüstungskontrolle. Von vielen schon als zahnloser Tiger bzw. gar als überflüssig angesehen, gewann die OSZE durch die Versuche, den Krieg in der Ukraine diplomatisch zu beenden wieder an Bedeutung und erwies sich als geeigneter Rahmen für Verhandlungen. Aktuell spielt die OSZE über ihre Sonderbeobachtungsmission eine Schlüsselrolle bei der Beobachtung und Begrenzung des Konflikts in der Ostukraine sowie bei der Beobachtung und Verifikation der Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk. Für eine stabile europäische Friedensordnung ist und bleibt die OSZE eine tragende Säule.
Mit der Charta von Paris wurde 1990 beschlossen, der KSZE einen parlamentarischen Arm zu geben: die heute aus 323 Abgeordneten der nationalen Parlamente der Teilnehmerstaaten bestehende Parlamentarische Versammlung der OSZE (OSZE PV). Mit der Erklärung von Madrid wurden im April 1991 dann die Grundlagen und die Funktionsweise der OSZE PV festgelegt. Die Einbeziehung nationaler Parlamente spiegelt die demokratische Verankerung der OSZE wider. Die PV nimmt eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen den nationalen Parlamenten der Teilnehmerstaaten und der intergouvernementalen Zusammenarbeit der Regierungen ein. Gleichzeitig ist die OSZE PV ein wichtiges Forum, um die Aufgaben der Organisation durch öffentliche Debatten bekannt zu machen. Sie wird somit auch zum Bindeglied zwischen der Regierungsebene der OSZE und der Bevölkerung der Teilnehmerstaaten.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen Konflikte ist es wichtig, den parlamentarischen Arm der OSZE als Forum der Verständigung und Zusammenarbeit von Parlamentariern zahlreicher Staaten weiter zu stärken.