Warum ich beim Mitgliedervotum mit JA gestimmt habe …

Dietmar Nietan im Gespräch mit Dürener GenossInnen

Ich habe mich intensiv selbst befragt, ob das, was sich in meinem Innern als meine Begründung eines JA verfestigt hat, nur eine billige Ausrede für Opportunismus ist – eine Art Autosuggestion zur Selbstimmunisierung. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich für mein JA sehr gute und redliche Gründe habe! Und das soll auf keinen Fall heißen, dass es für ein NEIN nicht genauso gute und mindestens so redliche Gründe gibt! Es wird sie bestimmt geben.
Warum es allerdings für mich persönlich mehr gute Gründe gab, dem Koalitionsvertrag zuzustimmen, will ich an den folgenden drei Beispielen verdeutlichen:

1. Der Koalitionsvertrag
Wer nach der Bundestagswahl behauptet hätte, dass sich in einem schwarz-roten Koalitionsvertrag so viele wichtige Punkte des SPD-Wahlprogramms wiederfinden würden, wie es jetzt der Fall ist, wäre als Träumer verlacht worden. Der Vertrag ist sozialer und arbeitnehmerfreundlicher, als derjenige der letzten Großen Koalition! Wer es nicht glauben mag, sollte sich einmal die Stellungnahme des DGB zu diesem Vertrag anschauen:
DGB-Bewertung zur Koalitionsvereinbarung

2. Nur überzeugendes Handeln bringt Vertrauen zurück!
Warum haben uns nur etwas über 25% der Menschen gewählt, obwohl wir ein wirklich überzeugendes Wahlprogramm hatten? Weil uns viele alte Wähler nicht geglaubt haben, dass wir es diesmal besser machen werden! So einfach ist das!
Und so wäre die erneute Große Koalition beides für uns: Ein großes für die SPD möglicherweise lebensgefährliches Risiko, wenn wir aus unseren Fehlern der letzten Großen Koalition nichts gelernt haben. Wir müssen auch in der Regierung unseren Idealen treu bleiben und dürfen nicht wieder mangelnden politischen Mut als besonders staatstragend kaschieren. Das würde uns niemand verzeihen!
Das erneute Mitregieren kann aber auch eine riesige Chance für die SPD sein, wenn wir – auf der Grundlage unserer sozialpolitischen Erfolge im jetzigen Koalitionsvertrag – durch ganz konkretes überzeugendes Handeln beweisen, dass wir unsere Lektionen aus „Basta“ und „Agenda 2010“ gelernt haben und es jetzt besser machen! Auch das ist ganz einfach: Unsere politischen Fehler können wir nur durch „Regierungshandeln“ selbst korrigieren. Niemand wird uns das abnehmen können!

3. Es geht um ganz konkrete Menschen!
Die Menschen, die uns gewählt haben, interessieren sich nicht für innerparteiliche Nabelschauen. Die Menschen, die uns gewählt haben, erwarten – zu Recht – von uns, dass wir durch politisches Handeln in ihrem Leben ganz konkret etwas zum Besseren wenden! Alle, die wegen der SPD jetzt mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können, wissen, wem sie das zu verdanken haben. Alle jungen Deutschen türkischer Herkunft werden ganz konkret merken, wie klasse es ist, sich mit 23 nicht entscheiden zu müssen, ob man die Staatsangehörigkeit der Eltern und Großeltern, oder die des Landes in dem man geboren ist, zurückgeben muss! Und für die große Mehrheit der fast 7 Millionen Menschen, die jetzt noch unter 8,50 Euro pro Stunde arbeiten müssen, wird es am 1.1.2015 eine sehr konkrete Verbesserung ihres Lohneinkommens geben. All diese Menschen werden froh sein, dass die SPD wieder in der Regierung mit dabei ist!

Und genau wegen all dieser Menschen habe ich mit JA gestimmt! Ihnen zu sagen, dass sie noch einmal vier Jahre warten sollen, weil ich – egal was erreichbar gewesen wäre – eben einfach partout nicht mit der Union koalieren will, hätte ich als unverantwortlich empfunden…

Dietmar Nietan