„Europa muss demokratischer und sozialer werden“

NRW-Ministerin Angelica Schwall-Düren
Rund 50 Gäste kamen zur der Veranstaltung
von links: Dietmar Nietan, Angelica Schwall-Düren, Liesel Koschorreck und Peter Münstermann

Zum Thema „Mehr Europa wagen“ hatte der Dürener Bundestagsabgeordnete für die SPD-Bundestagsfraktion die NRW-Europaministerin Angelica Schwall-Düren in das Kulturzentrum KOMM in Düren geladen. Rund 50 Gäste lockte das interessante Thema trotz hochsommerlicher Temperaturen an.

Liesel Koschorreck, 1. stellvertretende Landrätin, betonte in ihrem Grußwort die praktischen Errungenschaften eines gemeinsamen Europas, wie zum Beispiel die Euregiobahn, die die Aachener Region mit den Niederlanden verbindet und einen ihrer End- bzw. Ausgangspunkte in Düren hat. „Ein im wahrsten Sinne des Wortes Menschen über Grenzen hinweg verbindendes Projekt“, lobte Koschorreck die Euregiobahn.

In ihren Vorträgen und in der Diskussion mit dem Publikum erteilten Nietan und Schwall-Düren nationalistischen Tendenzen, die im Zuge der Euro-Krise immer wieder laut werden, eine klare Absage. „Deutschland ist der größte Nutznießer des Euros und des europäischen Binnenmarktes. Die meisten Exporte gehen ins EU-Ausland. Die Kurzarbeit bei Opel ist beispielsweise eine Folge der Absatzkrise in Südeuropa. Wer wieder die D-Mark einführen will, macht deutsche Produkte teurer und gefährdet Arbeitsplätze bei uns“, erklärte Nietan und warb für den Euro. Auch Schwall-Düren widersprach Bestrebungen, wieder stärker auf die nationale Karte zu setzen. „Wir müssen bereit sein, weitere Kompetenzen auf die europäische Ebene abzugeben, weil ein Staat alleine in vielen Bereichen nicht mehr wirksam regeln kann. Beispielsweise bei den Finanzmärkten, beim Klimaschutz oder in Datenschutzfragen brauchen wir europäische Standards“, so die Ministerin.

Auf die Frage, wie die SPD die Forderung nach „mehr Europa wagen“ den Menschen jenseits von ökonomischen Begründungen schmackhaft machen wolle, betonten beide, dass die Sozialdemokraten eine demokratischeres und sozialeres Europa forderten. „Der Binnenmarkt mit seinen freien Grenzen hat viel Wohlstand gebracht. Der Wohlstand ist aber ungleich verteilt. Wir brauchen deshalb ein soziales Europa“, so Schwall-Düren. Die SPD fordere deshalb zum Beispiel, dass die EU-Staaten eine Mindestquote ihres Bruttoinlandsproduktes für Sozialleistungen ausgeben sollten oder dass in jedem EU-Land ein Mindestlohn eingeführt wird, der mit zunehmender Produktivität steigt.

Für ein demokratischeres Europa könnte nach Vorstellung von Dietmar Nietan das parlamentarische System in Deutschland Vorbild sein. „Das europäische Parlament mit seinen frei gewählten Abgeordneten wählt den Präsidenten der EU-Kommission und bestimmt den Haushalt, vergleichbar zum Bundestag. Für die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder wird eine 2. Parlamentskammer gebildet, vergleichbar unserem Bundesrat. Das hätte auch den Vorteil, dass dort für die Bürger öffentlich diskutiert werden muss und nicht mehr Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen werden. Das würde der Demokratie in Europa gut tun,“ ist Nietan überzeugt.

Bevor die Ministerin nach Schluss der Diskussion zurück nach Düsseldorf fuhr, gab es noch ein kleines Familientreffen. Schwall-Düren hat außer ihrem Namen noch familiäre Bindungen nach Düren. 2 Cousinen leben in Düren, die sie schon lange nicht mehr getroffen hatte und die zur Veranstaltung gekommen waren. Die Wiedersehensfreude war groß.